Bill Gates: Die Welt hat historische Möglichkeit "das Gesicht von AIDS zu verändern"

26 Juli 2010

In seiner Ansprache bei der 18. Internationalen AIDS Konferenz appellierte Bill Gates an alle Länder, den Kampf gegen HIV/AIDS weiter aufrecht zu erhalten. Die Welt habe eine historische Möglichkeit "das Gesicht von AIDS zu verändern", so Gates. Die Behandlung HIV-infizierter Menschen rette Millionen von Leben. Gates mahnte jedoch dazu, der Reduzierung von HIV-Neuinfektionen wieder grössere Bedeutung beizumessen. Bis 2031 - dem Jahr, in dem die AIDS-Epidemie 50 Jahre bestehen wird - sollten bis zu 90% der jährlichen Neuinfizierungen vermieden werden.

"Die vergangenen Jahre erzählen eine Geschichte von bemerkenswertem Fortschritt im Bereich AIDS", sagte Gates heute in Wien. Derzeit würden mehr als fünf Millionen Menschen mit antiretroviralen Therapien behandelt, ein 12-facher Anstieg in nur sechs Jahren. "Indem wir die Aufmerksamkeit auf HIV gerichtet haben, haben wir die Welt auch bezüglich anderer Gesundheitsprobleme armer Menschen wachgerüttelt - zum Beispiel Malaria und Tuberkulose, wo wir phänomenale Erfolge sehen."

Gleichzeitig betonte Gates, Co-Vorsitzender der Bill & Melinda Gates Foundation, dass der zukünftige Kampf gegen AIDS massgeblich von der offensiven Prävention neuer HIV-Infektionen abhänge: "Wir können die Zahl der HIV-Neuinfektionen drastisch senken und damit beginnen, die Geschichte über das Ende von AIDS zu schreiben."

Während die Zahl der HIV-Neuinfektionen bereits zurückgeht - nach Angaben von UNAIDS sank die Zahl der jährlichen Neuinfektionen von 2001 bis 2008 um 17% - ist die Geschwindigkeit des Rückgangs nicht hoch genug, um einen signifikanten Einfluss auf den Verlauf der Krankheit zu haben, so Gates. Auf zwei HIV-infizierte Menschen, die Zugang zu einer Behandlung erhalten, kommen fünf andere, die sich neu infizieren.

Gates fordert "das meiste aus jedem AIDS-Dollar zu machen"

Gates erklärte in seiner heutigen Ansprache, dass die Bereitstellung von Geldmitteln entscheidend sei, um weitere Fortschritte im Kampf gegen AIDS zu erreichen. Die Welt brauche jedoch auch "eine neue Fokussierung auf die Effizienz der AIDS-Bekämpfung - in Bezug auf Prävention und Behandlung".

"Wir müssen ehrlich mit uns selbst sein: Wir können die AIDS-Ressourcen zukünftig nicht in der gleichen Art und Weise einsetzen wie wir es heute tun", betonte Gates. "Während wir uns weiterhin für mehr Hilfsmittel einsetzen, müssen wir den grösstmöglichen Nutzen aus jedem einzelnen AIDS-Dollar - und jeder noch so kleinen Anstrengung - sicherstellen."

In seiner Ansprache skizzierte Bill Gates zentrale Chancen für die Verbesserung von AIDS- Investitionen, um kosteneffektiver zu werden und grössere Wirkung zu erzielen:

  • Kurzfristige Ausweitung der kosteneffektivsten Präventionsmassnahmen: Gates drängte auf eine rasche Ausweitung von HIV-Präventionsmassnahmen, die "günstig, wirkungsvoll und einfach anzuwenden" sind. Er betonte, dass einige Präventionsmassnahmen - etwa die Beschneidung bei Männern oder die Prävention der Mutter-Kind-Übertragung - "so effektiv sind, dass es in betroffenen Ländern teurer ist, diese nicht zu verfolgen". Obgleich im subsaharischen Afrika mehr als 41 Millionen Männer von der Beschneidung profitieren könnten, wurde diese in den vergangenen Jahren bisher nur bei etwa 150.000 Männern durchgeführt.
  • Bessere Nutzung von Daten bei der Entscheidung über
    Präventionsmassnahmen: Gates betonte die Notwendigkeit,
    Präventionsmassnahmen auf Grundlage von Daten gezielt dort einzusetzen, wo die Übertragungsraten am höchsten sind. Er forderte Länder, die die Präventionsbemühungen bei Risikogruppen - zum Beispiel Drogen injizierenden Personen - verringert haben, dazu auf, die Mittel in effektive Programme zurückzuführen: "Wenn man davor Angst hat, seine Präventionsbemühungen auf die Bevölkerungsgruppen mit dem höchstem  Risiko zuzuschneiden, dann verschwendet man Geld und das kostet Menschenleben."
  • Verringerung der Behandlungskosten: Mit Bezug auf neue
    Forschungsergebnisse, die zeigen, dass die Behandlung von HIV-
    infizierten Menschen die Übertragung auf andere reduziert, betonte Gates, dass es zwingend erforderlich sei, die Therapiekosten zu senken, sodass mehr Menschen behandelt werden können. Während die Kosten von HIV-Medikamenten bereits niedrig seien, wären die Lieferkosten teilweise um ein Vielfaches teurer. "Wenn wir es schaffen, dass die Lieferkosten nicht mehr als doppelt so hoch sind wie die Kosten der Medikamente selbst, könnten wir bereits mehr als doppelt so viele Menschen für das gleiche Geld behandeln", so Gates.
  • Höhere Investitionen für Impfstoffe und andere innovative Hilfsmittel: Gates fordert höhere Investitionen für erfolgversprechende Forschungsprojekte, die zum Durchbruch in der HIV-Prävention führen könnte - darunter ein HIV-Impfstoff, Präexpositionsprophylaxe (PrEP) und Mikrobizide. Obwohl Wissenschaftler bereits ermutigende Fortschritte in Richtung eines HIV-Impfstoffes gemacht haben, sind bisher nur drei Impfkonzepte einem klinischen Effizienztest unterzogen worden. "Wir müssen den Entwicklungsprozess für neue Präventionsmassnahmen beschleunigen. Und wenn wir Ergebnisse dieser Studien erhalten, sollten wir bereit sein, sie sofort umzusetzen."

Neue Hochrechnungen zeigen: Gezieltere AIDS-Investitionen könnten HIV-Infektionen um bis zu 90% vermindern

In seiner Rede stellte Bill Gates neue Hochrechnungen vor, die Forscher am Imperial College London für die Gates Foundation erstellt haben. Sie zeigen die enormen Auswirkungen, die gezielte AIDS-Investitionen bis zum Jahr 2031 erreichen könnten.

Die Hochrechnungen konzentrieren sich auf zwei Regionen in Afrika, die von verschiedenen Arten der HIV-Epidemie betroffen sind:

  • Das ländliche Simbabwe: Im ländlichen Simbabwe, wo HIV unter grossen Teilen der Bevölkerung verbreitet ist, werden in den nächsten 20 Jahren 700.000 Neuinfektionen prognostiziert. Eine Auswertung der vorhandenen Präventionsmassnahmen - darunter die Beschneidung bei Männern und antiretrovirale Behandlungen - könnten die jährlichen HIV- Neuinfektionen bis 2031 um 38% reduzieren. Die zusätzliche Verbreitung  eines wirksamen Impfstoffes sowie von PrEP und Mikrobiziden könnten die jährlichen Neuinfektionen im gleichen Zeitraum um bis zu 90% senken.
  • Das städtische Benin: Im städtischen Benin sind überwiegend
    Prostituierte und ihre Kunden mit dem HIV-Virus infiziert. In den
    nächsten 20 Jahren werden über 100.000 Neuinfektionen erwartet. Das Aufstocken von schon vorhandenen Präventionsmassnahmen, die sich an die Zielgruppe der Prostituierten richten - wie das Werben für Kondome oder  Behandlungsangebote - könnte die Rate an jährlichen Neuinfektionen bis 031 um 46% senken. Würde man parallel einen Impfstoff, PrEP und Mikrobizide unter den Prostituierten verbreiten, könnte die Rate der jährlichen Neuinfektionen in Benin um bis zu 90% reduziert werden.

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